Ulf Köpcke
Year:
2025
Bibliographic info:
14th International BUILDAIR Symposium, 16-17 May 2025, Hannover, Germany

Ziel der Arbeit/Fragestellung

Das private Baurecht in Deutschland erlebt aktuell eine heftige Diskussion. Umstritten ist, welche Bedeutung DIN-Normen (und ähnliche technische Regelwerke) für das private Baurecht und für den Rechtsbegriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ haben. Ausgelöst durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 09.02.2023 und Empfehlungen des 9. Deutschen Baugerichtstages 2023 sieht sich nun auch der deutsche Gesetzgeber veranlasst, in diese Diskussion einzugreifen. Kommuniziert werden die Bemühungen des Gesetzgebers allerdings unter dem Schlagwort „Gebäudetyp E“. Dabei soll das „E“ wahlweise für „einfach“ oder „effizient“ stehen. Denn die Politik will suggerieren, den in Deutschland dringend benötigten Wohnungsneubau endlich wirksam anstoßen zu können. Bauen soll einfacher werden. Der Beitrag hinterfragt kritisch, wie tauglich die diskutierten Mittel für diesen Zweck überhaupt sein können.

Methode der Herangehensweise

Die seit 2023 entflammte Diskussion wird zusammengefasst dargestellt. Aufgezeigt wird sodann eine Besinnung auf bewährte Regelungen des gesetzlichen Werkvertragsrechts.

Inhalt des Vortrags

In Deutschland fehlt Wohnraum. Wohnungen sind für Käufer und Mieter gar nicht oder nur zu Höchstpreisen zu erlangen. Es wird zu wenig bezahlbarer Wohnraum gebaut. Die erlahmte Baukonjunktur gefährdet zudem die gesamte Wirtschaftslage Deutschlands. Gefragt wird deshalb nach den Ursachen dieser Misere. Der deutsche Gesetzgeber behauptet, einen wesentlichen Grund erkannt zu haben: Die „allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik“. Die unter Berufung auf diesen Rechtsbegriff werkvertragsrechtlich geschuldete Bauqualität sei einfach zu teuer. Es müsse deshalb („E“!) einfacher und billiger gebaut werden dürfen. Auslegung und Verbindlichkeit der allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik seien gesetzlich neu zu regeln. Bei besonnener und gleichzeitig konsequenter juristischer Analyse ergibt sich aber: Nicht das bewährte private deutsche Baurecht, sondern DIN-Normen und vergleichbare Regelwerke sind das Problem.

Ergebnisse und Beurteilung

Der „Gebäudetyp E“ sollte schnellstens neu verstanden werden – nämlich als: „Gebäudetyp Entbehrlich“.

Schlussfolgerungen

Die beschriebene Situation belegt, wie unheilvoll symbolische Gesetzgebung sein kann. Sehr beunruhigend erscheint die aktuelle Bestandsaufnahme, wenn man perspektivisch weitere Rahmenbedingungen jeglichen Gebäudebaus bedenkt: Die Klimakrise erfordert Nachhaltigkeit in allen Bereichen des Bauens. Und gleichzeitig klopft die (gewinnorientierte!) Computertechnik als künstliche Intelligenz massiv an die Türen der Bauschaffenden. Der Gesetzgeber ist dringend aufzufordern, menschenfeindlichen Entwicklungen auch im Baurecht konsequent entgegenzutreten. Der Gebäudetyp „E“ wird solchen Anforderungen sicherlich nicht gerecht.

For further information please contact Ulf Köpcke at: koepcke.u@t-online.de